Alltagsgedanken einer Krankenschwester

Kennst du das? Du bist voller Tatendrang und Energie, freust dich auf `nen freien Tag, ein Date am Nachmittag, ein Kinobesuch am Abend oder Zeit mit der Familie.

Und dann kommt der Anruf oder die Frage in der Früh: Kannst du einspringen? Kannst du länger bleiben? Es gibt niemanden mehr. Du bist die/der Einzige, der zur Verfügung steht.

Die Frage ist immer, was macht man dann.

  • Sagt man NEIN?
  • Sagt man temporär zu?
  • Versucht man etwas auszuhandeln?

Meistens wird man im Dienst direkt vor den Kollegen gefragt.

Finde ich persönlich eine Unart sondergleichen, aber das ist Geschmackssache.

Was soll man sagen? Man möchte nicht unkollegial dastehen und asozial wirken.

Aber häufig fragt man sich dann doch, wieso? Wieso soll ich einspringen? Muss ich einspringen? Wieso kann man den Dienstplan nicht besser gestalten? Wieso kann man es nicht anders organisieren?

Das sind nur ein paar Gedanken, die einem dann immer wieder durch den Kopf schwirren.

Ich glaube, wenn man keine Verpflichtungen hat, ist es einfacher einzuspringen und kann mal `nen Dienst übernehmen, als wenn man Verpflichtungen jeglicher Art hat.

Jedoch ist es häufig so, dass man eben auch davon ausgeht, dass diese Personen jederzeit einspringen können, ohne sich Gedanken zu machen, dass auch diese Personen sehr wohl ein Privatleben haben.

Mir ist schon aufgefallen, dass viele Vorgesetzte und Teammitglieder der Meinung sind, dass es als frische Pflegekraft einfach dazu gehört, und dienst-ältere Personen oftmals das Argument liefern, dass „sie das auch schon so machen mussten“. Ist das wirklich so?

Ich finde, dass man sich viel häufiger trauen soll, das Wort NEIN zu verwenden!

Man soll für sich einstehen können, ohne sein Gesicht vor den Kollegen verlieren zu müssen. Man soll sich gegenseitig unterstützen aufzustehen und NEIN zu sagen.

Aber wieso versucht man der Krankenpflege das Wort NEIN als unkollegial, Patienten gefährdend usw zu verkaufen?

Wieso möchte man nicht, dass wir es kommunizieren, dass etwas nicht möglich ist oder wir mit etwas nicht einverstanden sind?

Gerade wenn es um unsere Arbeitszeiten oder Arbeitsbedingungen geht?

Haben Vorgesetzte aller Art Angst, dass, wenn wir uns für uns selbst einsetzten, sie am Schluss allein dastehen?

Ohne qualifiziert Mitarbeiter? Ohne Fachpersonal das nicht nur ihren Job erledigen, sondern meistens noch viele Aufgaben aus anderen Berufsgruppen??

Sind wir es uns nicht Wert für uns einzustehen?

Die Frage, die sich mir persönlich als Krankenschwester (ja ich werde mich immer so nennen) stellt ist, warum hat man seit IHR das machen musstet nicht geändert?

Warum ist das so in euren Köpfen drinnen?

Wieso lässt man sich von Geschäftsführungen, PDL’s, Stationsleitungen, Bereichsleitungen, ect. immer in so eine verzwickte Situation bringen?

Und ist dir schon aufgefallen, dass man von einer Obrigkeit zur nächsten ‚geleitet’ wird, wenn man nach dem WARUM fragt? Jeder schiebt die Verantwortung zur nächsten Ebene.

Und am Ende bekommt man entweder keine Antwort oder eine fadenscheinige Floskel zugeworfen wie:

  • Weil es kein Geld für mehr Personal gibt!
  • Weil es zu wenig Personal gibt!
  • Weil es so ist!
  • Das sind ökonomische Prozesse, die du nicht verstehst!
  • Es gibt keinen Nachwuchs!
  • Damit musst du dich nicht auseinandersetzten, das entspricht nicht deiner Position!
  • Damit brauchst du dich nicht auseinanderzusetzt

Alle diese Aussagen haben wir alle sicher schon mal gehört.

Häufig wird von der Krankenpflege verlangt, dass wir Dienste tun, ohne zu hinterfragen, ob diese auch im Sinne der Patienten sind oder auch in unserem Sinn. Oder ob wir einfach nur die arbeitsamen Bienchen für ein System sein sollen, welches sich nicht oder sehr schwer ändern möchte.

Es ist an der Zeit, dass wir nicht nur darüber sprechen/schreiben, was für diesen essenziellen und systemrelevanten Job wichtig ist. Es ist an der Zeit aufzustehen und etwas zu ändern.

Written: Alltagsgedanken einer Krankenschwester

Zurück